Gänsehautatmosphäre in einer Jahreshauptversammlung ist ein seltenes Phänomen. Möglich macht’s der TSV Birkenau. Zum Ende der Hauptversammlung zeigte der Verein den erschienen Mitgliedern Filmaufnahmen aus der Sportgala des vergangenen Jubiläumsjahres: Eine abgedunkelte Langenberghalle, Projektionen historischer Fotografien auf der Großbildleinwand, davor die Sportler des TSV in ihren orangefarbenen T-Shirts – und der junge Chor des Volkschors, der Whitney Houstons „One moment in time“ auf unnachahmliche Weise interpretierte.
Da wurden Erinnerungen wach an einen zauberhaften Abend, der aber nur eine von fünf Großveranstaltungen im Jahr des 125-jährigen Bestehen des Weschnitztäler Traditionsvereins war.
Außer der Sportgala hatte der TSV nämlich noch zu seinem großen Festkommers in das Vereinshaus geladen und das Tannenbuckelturnier mit 80 Mannschaften ausgerichtet. Hinzu kam die Dino-Tour der Ballschule und nicht zuletzt das Freundschaftsspiel der ersten Männermannschaft gegen den Bundesligisten TV Großwallstadt. „All diese Veranstaltungen waren von einer hohen Qualität geprägt“, blickte Präsident Peter Denger zurück, der allerdings eine „nicht gerade überwältigende Resonanz“ beim Festkommers einräumte. Vor allem das mangelnde Interesse der Gemeindevertreter am größten Birkenauer Verein und ältesten Sportverein im Weschnitztal habe ihn enttäuscht.
16 000 Stunden ehrenamtlich
Überhaupt fand Denger in seinem Jahresbericht durchaus kritische Worte, vor allem was den Bereich der Jugendförderung anbelangt. Übungsleiter, Betreuer und Vereinsführung des TSV leisteten jährlich 16 000 Stunden ehrenamtliche Arbeit, im vergangenen Jahr habe der Verein mehr als 150 Auswärtsfahrten für seine Handballmannschaften organisiert – die Fahrten der ersten Mannschaft nicht eingerechnet.
Es gebe unzählige Veröffentlichungen, die darauf hinwiesen, wie wichtig Sport für junge Menschen sei, die in einem erschreckenden Maß an Bewegungsmangel und Übergewicht litten. Die Sportvereine leisteten hier ein hohes Maß an Prävention, indem sie Jugendliche an körperliche Ertüchtigung heranführen.
Der TSV sei ein Verein, der gerade für junge Menschen Mannschaftsport anbiete. Mannschaftsport vermittele für junge Menschen Werte, die sonst weitgehend abhanden gekommen seien, Werte wie Kameradschaft, Solidarität, Teamgeist, Pünktlichkeit und vieles mehr.
Von diesem Gedanken aus spannte Denger den Bogen zur Jugendförderung. Für die hauptamtliche Betreuung der Kinder vom dritten bis zum sechsten Lebensjahr in den Kindergärten zahle die Gemeinde jährlich 1,3 Millionen Euro. „Und das ist auch gut so.“ Für die sportliche Ausbildung der Kinder und Jugendlichen vom dritten bis zum 18. Lebensjahr, die ehrenamtlich erfolge, stünden bisher gerade mal 10 000 Euro für die Jugendförderung aller Birkenauer Vereine zur Verfügung, nämlich 10 Euro je Kind oder Jugendlichem im Jahr. „Auch die unterschiedliche Förderung der Jugendlichen, die die Musikschule besuchen und einen jährlichen Zuschuss von 110 Euro je Kind von der Gemeinde erhalten, konnte man mir bisher nicht plausibel erklären“, sagte der Präsident. Aus diesem Grund sei er sehr dankbar, dass jetzt Bewegung in die Diskussion um die Vereinsförderung und die Jugendförderung gekommen sei. Erfreulich sei auch, dass die Politik nun auch die unterschiedliche Behandlung in Bezug auf die Nutzung der kommunalen und der vereinseigenen Sportstätten aufgegriffen habe und eine gerechtere Regelung treffen wolle. Wer die Geburtenzahlen in Birkenau, aber auch in den weiteren Weschnitztalgemeinden kenne, komme zwangsläufig zu dem Ergebnis, dass eine Zusammenarbeit aller Vereine, die den Mannschaftssport Handball betreiben, dringend geboten sei. Die Geburtenzahlen hätten in den vergangenen zehn Jahren eine dramatische Entwicklung genommen. Vizepräsident Werner Stief habe in Abstimmung mit dem Präsidium des Vereins mit den anderen Handballvereinen des Weschnitztales Verbindung aufgenommen, um auszuloten, ob eine Bereitschaft zur Zusammenarbeit besteht. Nur auf diese Weise könne die Zukunft des Handballs gesichert werden.
Wichtiger Bestandteil der Versammlung waren die Ehrungen, bei der der TSV zehn neue Ehrenmitglieder ernannte. Ein dreiviertel Jahrhundert gehören Wilhelm Jüllich und Karl Ziener – ein ganz wertvolles Mitglied – dem Verein an.
Quelle: WNOZ.de